Die zunehmende Komplexität von Produkten und darin verwendeter Komponenten und Verbunde
aus dem Hightech-Bereich führt dazu, dass mittlerweile eine Vielzahl von Elementen mit
unterschiedlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften verbaut wird. Dabei reichen
herkömmliche Methoden der Demontage und der mechanischen Aufbereitung der zum Teil
mikroskopisch kleinen Bauteile nicht mehr aus, um die Rückgewinnung aller Wertträger sicher zu
stellen. Dies ist besonders kritisch für wirtschaftsstrategisch wichtige Rohstoffe, die in geringen
Mengen vorhanden sind. Es können Hochtemperaturprozesse eingesetzt werden, bei denen
allerdings ein Teil der Wertträger in die Schlacken gelangen und bisher verloren gehen. Ein
typisches Beispiel dafür ist das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien.
Das Schwerpunktprogramm (SPP 2315) mit dem Titel „Engineered Artificial Minerals (EnAM) – a
Geometallurgical Tool to Recycle Critical Elements from Waste Streams“, das 2021 gestartet ist,
geht auf eine Initiative von Prof. Daniel Goldmann (TUC) und Prof. Dr. Urs Peuker von der TU
Freiberg zurück. In der ersten Förderphase wurden 19 Einzelprojekten zu den Themengebieten
Schlackenmodifikation und Anreicherung, sowie der Zerkleinerung und Trennung gefördert. Alle
Clausthaler Projekte haben überzeugt und werden mit einer Fördersumme von insgesamt ca. 2 Mio.
Euro weiter finanziert.
In der ersten Förderperiode haben sich die beteiligten Arbeitsgruppen sowohl TUC intern als auch
mit anderen AGs des SPPs vernetzt. Insgesamt 14 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -
wissenschaftler wurden an der TUC gefördert.
Zur experimentellen Erstellung von Schlackenanaloga und Einzelkomponenten wurden Verfahren
von der micro-Präparation bis zur macro-Synthese, in den Projekten von Dr. Thomas Schirmer
(IELF), Prof. Dr. Alfred Weber und Dr.-Ing. Annett Wollmann (IMVT) und Prof. Dr. Ursula
Fittschen (IAAC) etabliert. Diese werden z.T. in den Trennprojekten von Prof. Andreas Schmidt
(IOC) und Prof. Alfred Weber & Dr.-Ing. Annett Wollmann eingesetzt.
Erstarrungsphänomene und Schmelzstruktur konnten in der Zusammenarbeit der modellierenden
und experimentell arbeitenden AGs besser verstanden werden. Das Nicht-
Gleichgewichtsthermodynamik Modell, entwickelt von Prof. Dr. Michael Fischlschweiger (IEVB)
zeigt, wie sich Kristalle in mineralogischen Systemen während der Erstarrung dynamisch bilden
und erklärt kinetische Phänomene bei der Phasenbildung. Die Molekulardynamik-Simulationen
(MD-Simulationen) von Prof. Dr. Nina Merkert (IMET) haben gezeigt, wie sich durch Änderung
der Schmelzenzusammensetzung die Viskosität und die Diffusion einzelner Ionen verändern, was
wiederum die Erstarrung in der Schmelze beeinflusst. Die aus diesen Simulationen gewonnen
Erkenntnisse über die Koordination der Ionen kann in Zukunft in andere Modelle einfließen.
Aus dem mineralogisch orientierten Projekt von Dr. Schirmer zusammen mit der Universität
Bochum wurde eine neue Gruppe vielversprechender Anreicherungsverbindungen (EnAM), die
Lithiummanganate identifiziert. Der Einfluss der Oxidationsstufe des Mangans auf die
Komponentenbildung wird in der zweiten Phase unter anderem im Fokus stehen, da sie einen
großen Einfluss auf die Anreicherung des Lithium hat. Wie die Struktur der Schmelze, mit
Berücksichtigung potentieller Phasentrennung, sich auf die Redoxeigenschaften auswirkt, wird von
Prof. Dr. Nina Merkert und Prof. Dr. Ursula Fittschen mit Kooperation mit dem Projekt von Prof.
Dr. Michael Fischschweiger untersucht werden.
In dem Bereich der Trenntechnik konnten bereits beachtliche Erfolge bei der trockenen
Pulvertrennung von Modellgemischen durch tribo-elektrische Aufladung und Elektrosortierung in
dem Projekt von Prof. Alfred Weber und Dr.-Ing. Annett Wollmann erreicht werden. Ebenso
erfolgreich war die flotative Trennung von Gemischen mit Hilfe von neuartigen schaltbaren
Sammlermolekülen aus den Derivaten des Naturprodukts Punicin, das in Granatapfelbaumblättern
vorkommt. Diese Moleküle wurden in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Andreas Schmidt hergestellt
und unter verschiedenen Bedingungen getestet. Besonders faszinierend ist die
beleuchtungsabhängige Selektivität dieser Verbindungen.